«Das Atelier ist mein Kraftraum»
Jasmin Graber wächst ohne Bezug zum christlichen Glauben auf. Mit 13 erlebt sie eine dunkle Phase, fühlt sich deprimiert. Sie beginnt, nach dem Sinn des Lebens zu suchen und wird offen für Gott. Beim Stöbern in einer Kinderbibel stösst Jasmin auf das «Vaterunser»-Gebet (Matthäus-Evangelium, Kapitel 6, Verse 5–15). Sie spürt, dass mehr dahinterstecken muss.
Kurz darauf träumt sie von Jesus: «Er stand mir gegenüber in einem Garten und rief meinen Namen. Augenblicklich erfasste mich eine nie gekannte Liebe, die mein Herz und alles in mir durchdrang. Ich spürte Wärme, Geborgenheit und Zuwendung – diesen grossen Gott, der in meine kleine Welt hereinbrach.» Jasmin hat viele Fragen, sucht und findet Antworten im Bibelunterricht der Heilsarmee.
Gebet holt Kollegin aus dem Koma
Das Erleben im Verborgenen hat Einfluss auf ihr Leben gegen aussen. Während eines Schullagers plagen Jasmin Zweifel an ihrem Glauben. Die damals 16-Jährige freundet sich mit einer anderen Teilnehmerin an, erfährt, dass diese in einer ähnlichen Situation steckt. An einem Abend fällt die Kollegin plötzlich ins Koma. Jasmin, die zu diesem Zeitpunkt am Lagerfeuer sitzt, spürt, dass sie die junge Frau umgehend aufsuchen soll.
Als Jasmin sie im Zimmer auffindet, ist diese umgeben von anderen Jugendlichen und ringt um Luft. «Kurzerhand legte ich ihr mein Kreuz-Kettchen in die Hand und betete für sie. Ich sagte: 'Im Namen von Jesus Christus, komm zurück!' – und sofort schlug sie die Augen auf», erzählt Jasmin. Erneut hatte sich Gott ihr auf eindrückliche Weise gezeigt. Ihre Zweifel verpuffen.
Berufung wird Beruf
Volljährig geworden fragt sich Jasmin, wo ihr Weg beruflich hinführt. Der Wunsch, ihren Glauben mit einem Kunststudium zu verbinden, scheint nicht realisierbar. Mit Gott an ihrer Seite offenbar sehr wohl! Jasmin erzählt: «An einem Sommertag lief ich an der Thomaskirche vorbei und las die Inschrift an der Aussenmauer: 'Des Herrn Wort bleibt in Ewigkeit'. Dabei spürte ich sehr stark Gottes Gegenwart. Kurzerhand fasste ich Mut, klingelte beim Pfarrer und fragte, ob ich bei ihm ein Praktikum machen könne... Tja, heute bin ich dort angestellt und studiere parallel am TDS (Theologisch-Diakonisches Seminar) in Aarau.»
Auf die Frage, wie es ihr gehe, wenn sie anderen Menschen von ihrem Glauben erzähle, antwortet Jasmin: «Noch heute habe ich Herzklopfen. Ein Leiter erklärte mir einmal: 'Jasmin, die Angst, die du spürst, ist nicht deine Angst, sondern die Angst des Feindes, der verhindern will, dass Gott wirken kann'. Mut ist nicht die Abwesenheit von Angst, es bedeutet, die Angst zu überwinden. Daran erinnere ich mich immer wieder und es ermutigt mich, die Begegnungen zu wagen.»
Kunst und Glaube
In ihrem Atelier, das sie sich im Keller der Kirche eingerichtet hat, verbringt Jasmin gern Zeit mit Gott: «Für mich ist es ein Kraftort, wo ich heimkommen und bei Gott ankommen kann, fernab vom Trubel des Lebens. Dass Gott in mir wohnt, das berührt und begeistert mich. Gott hält mich ganzheitlich aus, ob ich lache oder weine. Er schämt sich nicht für mich, er rennt mir sogar auf halber Strecke entgegen», erzählt Jasmin – und man nimmt der strahlenden jungen Frau jedes Wort ab.
Beim Malen begegne ihr Gott, fährt sie fort. Früher habe sie sofort ein Resultat sehen wollen. Je länger, je mehr konnte sie sich davon lösen, bezeichnet das Ganze als langen Prozess, sagt: «Es geht nicht um das Ziel, sondern um den Weg. So ist es auch mit unserer Beziehung zu Gott. Wir sind zusammen auf dem Weg.»
Alltagsnahe Predigten
Oben im Gemeindesaal befinden sich nebst der Orgel auch Instrumente einer Band. «Wir sind eine Gemeinde, die auch Worship macht, also Anbetung mit moderner Musik. Es ist schön zu sehen, wie Traditionelles und Modernes hier in Harmonie nebeneinander existiert», stellt Jasmin fest. Als angehende Theologin liebe sie es, zu predigen, die Bibel auszulegen und den Menschen etwas Brauchbares für ihren Alltag mitzugeben. «Gottesdienst ist viel mehr als die eineinhalb Stunden am Sonntagmorgen. Die Kirche ist der Ort, an dem Himmel und Erde aufeinandertreffen, wo eine Begegnung mit dem lebendigen Gott möglich wird, wo Spannungen sein dürfen und man gemeinsam um Meinungen, Weltanschauungen und Werte ringen darf; in alledem ist der Heilige Geist das verbindende Element.»
Dieser Artikel erschien zuerst in der Hope-Regiozeitung
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Datum: 03.02.2023
Autor:
Dan Heger
Quelle:
HOPE-Regiozeitungen