20Min-Serie über Abtreibung

Tabu-Thema mutig aufgegriffen

«Wir hätten uns nie gegen Noelia entschieden!», zitiert die Schweizer Pendlerzeitung 20Minuten (mit einer Reichweite von 1,3 Mio. Lesern), welche  in einer Serie über Abtreibungen berichtet. Sie greift Fragen rund um ein Thema auf, um das Medien gerne einen weiten Bogen machen.
Screenshot «www.20min.ch»
Nicole mit ihrer Tochter Noelia

«90 Prozent aller Paare treiben ab, wenn sie erfahren, dass ihr Kind eine Trisomie hat. Nicht so Nicole», schreibt 20Minuten in einem Beitrag zu einer Serie über das heikle Thema. Die Autorin Zora Schaad zitiert dazu die Mutter des mit Trisomie 21 geborenen Kindes: «Noelia ist eine riesige Bereicherung», stellt Nicole (34) klar. «Auch wenn wir in der Schwangerschaft von der Trisomie 21 gewusst hätten, wir hätten uns nie gegen sie entschieden. Unsere Kinder dürfen so sein, wie sie sind.» Und an Frauen, die vor einer so schwierigen Entscheidung stehen, appelliert sie im aufgeschalteten Video: «Überlegt es euch gut ..., denn es geht so viel Liebe verloren!»

Auswirkungen auf die Paarbeziehung

Der Artikel zitiert freilich auch eine Frau, die sich zur Abtreibung entschlossen hat, nachdem sie von der Anomalie des ungeborenen Kindes erfahren hat. Ein behindertes Kind hätte ihre Berufskarriere und ihr Beziehung ruiniert. Doch Nicole sieht das ganz anders: «Dass Noelia am Down-Syndrom leidet, hat meinen Mann und mich eher noch näher zusammengebracht. Und meine Tätigkeit als selbstständige Kosmetikerin führe ich wie geplant in einem Teilzeitpensum fort.»

Breites Themenspektrum angesprochen

Die Serie aus Anlass der Abtreibungsstatistik von 2017 beschreibt auch die psychischen Nachwirkungen von Abtreibungen, die Ohnmacht der Väter eines Kindes, das von der Mutter nicht gewollt und ohne Zustimmung des Vaters abgetrieben werden kann. Oder den Druck von Männern auf Frauen, das unerwünschte Kind abzutreiben. Aber auch über die Hoffnung einer Mutter, das abgetriebene Kind im Himmel wieder zu sehen.

Wohin geht der Trend?

Der Beitrag über Nicoles Kind hat aktuell (15.7.19) die positive Bewertung von 2'853 Lesern erhalten, 407 bewerteten ihn als nicht lesenswert. Bedenklich mutet dennoch die parallel dazu aufgeschaltete Umfrage an: 56 Prozent äussern die Meinung, jede Frau habe grundsätzlich das Recht auf Abtreibung. Nur 6 Prozent wollen sie lediglich zulassen, wenn das Leben der Mutter in Gefahr ist und nur 4 Prozent, wenn das Kind behindert ist. Das lässt darauf schliessen, dass auch heute ein Abstimmungskampf gegen die Fristenlösung schwer zu gewinnen wäre. Dass ein Pendlerblatt die Problematik rund um die Abtreibung so offen thematisiert, lässt dennoch Hoffnungen auf eine Trendwende aufkommen.

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Datum: 15.07.2019
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet

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