Stille werden

Einfach vor Gott sein

Hände mit Kerze
Beziehungen wandeln sich. Auch unsere Beziehung zu Gott. Was bleibt: Es ist wichtig, dass wir immer wieder neu lernen, einfach vor Gott da zu sein.

Müder Geist, nun kehr zur Ruh und vergiss der Bilder alle. Schliess die Augen sachte zu, was nicht Gott ist, dir entfalle. Schweig dem Herrn und halt ihm still, dass er wirke, was er will. (Gerhard Tersteegen)

Wie jede echte Beziehung sich im Laufe der Zeit wandelt, so auch die Art meiner Vertrautheit mit Gott, meinem Schöpfer, Erlöser und Erhalter:

  1. Gesprochene Worte: Bitten, danken, loben, klagen.
  2. Betrachtende Ebene (Meditation): Worte werden weniger.
  3. Einfaches Gebet: Reflexion tritt immer stärker zurück, Loslassen von Worten, Gedanken, Emotionen, einfaches «Dasein vor dir, Gott».

Wenn ich einfach so vor Gott «bin», «mache» ich nichts. Ich verweile in der Gegenwart des lebendigen Gottes, und seine Kraft verwandelt mein «einfaches Schauen» in einen immer tieferen Blick, bis das Eins-Werden mit Gott geschenkt wird, das in Johannes, Kapitel 17, Verse 11-24 beschrieben ist:

«Ich verlasse jetzt die Welt und komme zu dir. Sie aber bleiben zurück. Vater, du heiliger Gott, erhalte sie in der Gemeinschaft mit dir, damit sie eins sind wie wir. Solange ich bei ihnen war, habe ich sie in der Gemeinschaft mit dir erhalten, alle, die du mir anvertraut hast. Ich habe sie bewahrt, und keiner von ihnen ist verloren gegangen – ausser dem einen, der verloren gehen musste, damit sich die Voraussage der Heiligen Schrift erfüllte. Jetzt komme ich zu dir zurück. Ich sage all das, solange ich noch bei ihnen in dieser Welt bin, damit meine Freude auch sie ganz erfüllt. Ich habe ihnen deine Botschaft weitergegeben, und die Welt hasst sie deswegen, weil sie ebenso wie ich nicht zu ihr gehören.

Ich bitte dich nicht, sie aus der Welt zu nehmen, aber schütze sie vor der Macht des Bösen! Sie gehören ebenso wenig zur Welt wie ich. Lass ihnen deine Wahrheit leuchten, damit sie in immer engerer Gemeinschaft mit dir leben! Dein Wort ist die Wahrheit! Wie du mich in die Welt gesandt hast, so sende ich sie in die Welt. Für sie gebe ich mein Leben hin, damit ihr Leben ganz dir gehört. Ich bitte aber nicht nur für sie, sondern für alle, die durch ihre Worte von mir hören werden und an mich glauben. Sie alle sollen eins sein, genauso wie du, Vater, mit mir eins bist. So wie du in mir bist und ich in dir bin, sollen auch sie in uns fest miteinander verbunden sein. Dann wird die Welt glauben, dass du mich gesandt hast.

Deshalb habe ich ihnen auch die Herrlichkeit gegeben, die du mir anvertraut hast, damit sie die gleiche enge Gemeinschaft haben wie wir. Ich bleibe in ihnen, und du bleibst in mir. Genauso sollen auch sie vollkommen eins sein. Dann wird die Welt erkennen, dass du mich gesandt hast und dass du meine Jünger liebst, wie du mich liebst. Vater, ich möchte, dass alle, die du mir gegeben hast, mit mir dort sind, wo ich sein werde. Sie sollen meine Herrlichkeit sehen, die du mir gegeben hast. Denn du hast mich geliebt, lange bevor die Welt geschaffen wurde.»

Ein Weg, der Treue, Ausharren und Zeit erfordert

Wenn der Erlöser mir begegnet, verwandelt er mich. Wenn er mir nahe ist (unabhängig davon, ob ich es spüre oder nicht), wenn ich für ihn durchlässig werde, dann leuchtet mein eigentliches Wesen auf: «Wir alle aber stehen mit unverhülltem Gesicht vor Gott und spiegeln seine Herrlichkeit wider. Der Herr verändert uns durch seinen Geist, damit wir ihm immer ähnlicher werden und immer mehr Anteil an seiner Herrlichkeit bekommen.» (2. Korinther, Kapitel 3, Vers 18) Indem ich auf das «Bild Christi» schaue, schaut Gott selbst mich an. Sein liebender Blick

  • durchdringt mich,
  • führt mich in die Wahrheit,
  • weckt in mir Liebe,
  • weckt Sehnsucht, die mich zu ihm hin zieht
  • und verwandelt mich so in das Bild seines Sohnes.

Wie integriere ich das praktisch in meinen Lebensalltag?

  1. Ich entscheide mich, mir regelmässig 20 bis 30 Minuten Zeit zu nehmen oder einmal in der Woche 30 bis 50 Minuten.
  2. Ich begebe mich an einen Ort, an dem ich ungestört bin (Mitbewohner informieren, Telefon ausschalten, evtl. Wecker stellen, damit ich nicht die ganze Zeit auf die Uhr schauen muss).
  3. Ich nehme eine mir angenehme Haltung ein und lege Papier und Stift vor mich hin, damit ich Abschweifungen notieren («das darf ich auf keinen Fall vergessen») und dann getrost loslassen kann.
  4. Ich beginne bewusst, indem ich zum Beispiel eine Kerze anzünde, die mich daran erinnert, dass Jesus Christus das Licht der Welt und auch mein persönliches Licht ist; oder indem ich ein Kreuzzeichen mache, das mich daran erinnert, dass ich auf den Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes getauft bin, dass ich im neuen, ewigen Bund lebe, den Jesus Christus mit mir geschlossen hat; oder ich bete ein über längere Zeit gleichbleibendes Anfangsgebet.
  5. Ich habe nun eine Zeit, in der ich absichtslos bei Gott verweilen will und lerne, Zeiten glaubend auszuhalten, in denen sich scheinbar nichts tut – bis der Wecker klingelt: mich ihm überlassen und ihn wirken lassen.
  6. Ich schliesse die Zeit mit einem persönlichen Gebet, dem Vater Unser, einem Kreuzzeichen oder ähnlichem ab. Manchmal schreibe ich mir in meinem geistlichen Tagebuch etwas aus dieser Zeit auf.

Dieser Artikel erschien zuerst im Forum integriertes Christsein.

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Datum: 05.03.2023
Autor: Ruth Maria Michel
Quelle: Forum integriertes Christsein

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