Angeblich nicht gesetzeskonform

Russland: Zwei theologische Seminare geschlossen

Den führenden theologischen Ausbildungsstätten der Pfingstbewegung und der Baptisten in Moskau ist verboten worden, Studenten zuzulassen. Damit müssen sie ihre Arbeit beenden.
Das Baptistenseminar in Moskau

Das Eurasische Theologische Seminar der Vereinigung der russischen Pfingstgemeinden wurde bereits im November 2018 gezwungen, seinen Betrieb einzustellen, nachdem die «Bundesbehörde für die Aufsicht in Erziehung und Wissenschaft» Rosobrnadzor eine Reihe von Klagen gegen das Institut vorgebracht hatte. Nach Auskunft des Anwalts der Pfingstbewegung, Vladimir Ozolin, ist das Seminar im Moment dabei, eine neue Lizenz zu beantragen. Nur so kann sie den Betrieb wieder aufnehmen.

«Die Bestimmungen, mit denen man uns konfrontiert, sind nicht in Übereinstimmung mit den staatlichen Gesetzen über Bildung und Gewissensfreiheit», kommentierte der Rektor der Schule, Aleksei Gorbachev. «Diese Massnahmen haben einen gezielten, systemischen Charakter unter dem Vorwand von Aufsicht über die Bildungsaktivitäten. So wird auf nicht-traditionelle Konfessionen Druck und Einschüchterung ausgeübt.»

Baptistenseminar

Das Moskauer Theologische Seminar der Baptisten musste am 25. Januar für 60 Tage all seine Aktivitäten einstellen, nachdem «Rosobrnadzor» festgestellt hatte, dass die Bachelorausbildung und die Qualifikation der Lehrkräfte nicht in Ordnung seien. Im Februar wurde dem Seminar auch verboten, neue Studenten anzunehmen. Damit sind 138 Studenten vor Ort und schätzungsweise 1500 Fernstudenten vom Unterricht abgeschnitten.

Die Dokumente, die die Behörden anlässlich der Schliessung vorgelegt hätten, seien nicht spezifisch und konkret gewesen; sie hätten nur die Gesetzesbestimmungen wiederholt und in allgemeiner Form behauptet, dass das Institut gegen einige Regeln verstosse, hält die Leitung des Seminars fest.

Falsche Einordnung

Das russische Religionsgesetz unterscheidet zwischen «Ausbildung» – für die ein Institut eine staatliche Bewilligung braucht – und «Schulung», für die keine Lizenz nötig ist. Das Gesetz ermöglicht somit religiösen Gruppierungen, nicht-zertifizierte religiöse Schulungen für ihre eigenen Mitglieder durchzuführen, für die es keine Bewilligung braucht. Beide betroffenen Seminare bieten dementsprechend keine staatlich akkreditierte Ausbildungen an und müssen darum nur internen Richtlinien folgen. Dennoch hat die Behörde die Bachelorausbildung des Seminars der Pfingstbewegung gleich wie eine staatlich akkreditierte Ausbildung behandelt – ein Irrtum, wie die Leitung des Instituts festhält. Das Ausbildungsprogramm entspreche den internen Reglementen der Pfingstbewegung und verletze keine staatlichen Vorschriften.

In Russland wird ein verschärfter Druck auf religiöse Minderheiten im Jahr 2019 festgestellt. So wurde im Februar ein dänischer Zeuge Jehovas inhaftiert; im März wurden zwei amerikanische Freiwillige der Mormonen nach drei Wochen Untersuchungshaft ausgewiesen.

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Datum: 05.04.2019
Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Evangelical Focus / Forum 18/ Livenet.ch

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