«Ein Kuss vom Himmel»
«Wo bleibt bloss Melina?», fragt sich Judy Marti im November 2020. Das Mädchen hätte schon seit einer Weile aus dem Kindergarten zurück sein sollen. Judy macht sich auf, um nach Melina zu suchen. Sie trifft ihre älteste Tochter langsam humpelnd im Gässli vor dem Haus. «Es tut so weh», erklärt die Fünfjährige, als ihre Mutter sie in den Arm nimmt. Judy, 36, ist Pflegefachfrau. Sie erkennt, dass da etwas nicht stimmt und trägt ihr Kind nach Hause.
Sofort ins Kinderspital
Melina mag nichts essen, kann nicht mehr sitzen oder gehen. Sie liegt auf dem Sofa, während ihre Mutter die Kinderärztin um einen Termin bittet. Nach zwei Stunden Voruntersuchung überweist diese Melina als Notfall ins Inselspital Bern. Äusserst heftige Schmerzen strahlen vom Beckenbereich aus, die Entzündungswerte sind stark erhöht.
Der Aufenthalt im Spital könnte länger dauern, hatte die Kinderärztin die Eltern vorgewarnt. Papa Philippe fährt sein Töchterchen ins Kinderspital. Wegen Corona darf nur ein Elternteil mit. Judy bleibt bei den jüngeren Geschwistern, der dreijährigen Shanea und Joshua (1), den sie abends noch stillt. «Ich wäre so gern bei Melina geblieben, aber die beiden Kleinen brauchten mich auch», erklärt Judy.
Was ist los?
Es folgen verschiedene Untersuchungen wie SchaneaMRI, Röntgen, Ultraschall, Blutentnahmen und Urinproben. Schliesslich lautet die Diagnose der Ärzte: Infektion im Beckenknochen. Die Entzündung hat sich bereits durch den Knochen bis ins Hüftgelenk ausgebreitet. Deshalb waren plötzlich so schlimme Schmerzen aufgetreten. Melina muss sofort operiert und mit Antibiotika behandelt werden, sonst drohen irreparable Schäden an Hüftknochen und -gelenk. Das Mädchen könnte dann nicht mehr laufen und schlimmstenfalls an einer Blutvergiftung sterben.
Wird sie wieder gesund?
Eine Woche bleibt Melina im Spital. Judy und Philippe übernachten bei ihr und wechseln sich ab. Philippe, 43, ist Lehrer am Gymnasium in Thun. Jeden Mittwoch betreut er seine Kinder, Judy arbeitet 40 Prozent als Pflegefachfrau. «Wie schnell kann sich alles verändern», halten beide fest. Vor einigen Wochen hatten sie professionelle Familienfotos anfertigen lassen. Darauf ist Melina fröhlich und lacht. Jetzt liegt sie still und blass im Spitalbett.
Nach der Operation hat Melina starke Schmerzen, leidet an Übelkeit und Blutarmut. «Bitte, Gott, mach, dass wir zusammen wieder so lachen können», betet Judy. Immer wieder schaut sie das Bild an, das im Gang ihres Hauses hängt. Das Foto erinnert sie daran, für jeden unbeschwerten Tag dankbar zu sein. Und es ermutigt sie, an Melinas Heilung zu glauben. «Jesus war da, er gab uns Hoffnung», erklärt Judy. «Er war unser Licht in dieser Dunkelheit!» Egal wie die Geschichte ausgehen würde, an ihrem Vertrauen in Jesus halten Martis fest, sind überzeugt, dass er sie nicht verlassen wird, selbst wenn sie Melina verlieren sollten.
Wir sind nicht allein
Judy und Philippe informieren Eltern, Freunde und die Besucher ihrer Gemeinde, die Bewegung Plus in Thun, über Melinas Zustandt. Umgehend beginnen diese für das Mädchen zu beten. Sie bringen Mahlzeiten vorbei, Gratins, Salat, Suppe und bieten praktische Hilfe an. Wegen Corona ist die Besuchszeit auf eine Person und zwei Stunden pro Tag beschränkt. Die Geschwister dürfen nicht zu Melina, ihre Eltern wechseln sich ab. Gotte, Götti und auch die Kindergärtnerin besuchen das Mädchen, Letztere erzählt Melina Märchen.
Judy ist in einem Ausnahmezustand, sie funktioniert nur noch. Nach der Operation hat Melina immer noch starke Schmerzen. Nach vier Tagen verbessert sich ihr Zustand sprunghaft. Schon bald darf sie aufstehen und kann wieder umhergehen. Nach einer Woche kommt Melina nach Hause, wo sie freudig erwartet wird.
Auch Fürbitterin Ursula teilt die Freude und Dankbarkeit mit der Familie. Schon vor Melinas Geburt haben Judy und Philippe die kinderlose Frau gefragt, ob sie ihr erstes Kind im Gebet begleiten möchte. Seither gehört Ursula zu Melinas Bezugspersonen. Zwei Monate lang wird die Fünfjährige weiter mit Antibiotika behandelt und medizinisch untersucht. Danach und bis heute gilt sie als geheilt. «Melinas vollständige Genesung ist für uns wie ein Kuss vom Himmel», erklären die Eltern dankbar.
Gott sei Dank!
Zwei Wochen später spürt sich Judy immer weniger. Die grosse Anspannung ist vorbei. Alles hatte sich bis vor kurzem um Melina gedreht. Judy stand unter Dauerschock, hatte nur noch funktioniert. Nun ist ihre Energie aufgebraucht. Sie möchte nur noch weinen. Judy weiss, dass Gott sie die ganze Zeit über begleitet hat und auch jetzt für sie da ist. Trotzdem fühlt sie sich allein, ausgelaugt.
Mit ihrem Mann sitzt sie vor dem Kamin und tauscht sich aus. Jetzt ist es Zeit, alles zu reflektieren. Doch Judy erkennt: Sie braucht Hilfe! Es hat sich so viel in ihr angestaut, sie kann nicht einmal weinen. Eine ihrer Freundinnen ist Trauma-Therapeutin und Coach. Sie kommt vorbei und nimmt sich einen ganzen Tag Zeit für Judy. Einfühlsam hört ihr die Freundin zu, hilft ihr, Gefühle wahrzunehmen, auszudrücken und loszulassen. «Was würde dir helfen?», fragt sie. Judy tun diese Stunden im Gespräch und das gemeinsame Reflektieren sehr gut. «Das war für mich wie ein Händedruck von Gott!»
Im Rückblick merkt Judy einmal mehr, wie Gott die ganze Familie durch diese schwierige Zeit getragen hat. Er hat Frieden und Zuversicht geschenkt. In die Spannung zwischen kerngesunder und lebensbedrohlich kranker Tochter hat er ihnen Menschen geschickt hat, die für sie da waren; gute Ärzte und Pflegende, liebe Familienangehörige und Freunde. Zwei Monate nach der Operation und den Therapien darf Melina wieder alles unternehmen, was ihr Freude bereitet. Sie fährt begeistert Ski und besucht Ballett- und Schwimmstunden.
Ermutigung
Zusammen mit Philippe engagiert sich Judy in der Band ihrer Gemeinde. Er spielt Schlagzeug, sie singt. Die Dankbarkeit über den glücklichen Ausgang von Melinas Erkrankung verarbeitet sie in einem Lied. Mit der ganzen Familie und Freunden zusammen nehmen sie es auf und veröffentlichen es. «Wir wollen andere damit ermutigen», sagt das Paar. «Jesus ist für uns wie eine Brücke zum Schöpfer, zum Vater, der uns alle geschaffen hat. Die Nähe zu ihm empfinden und erleben sie als wärmendes Feuer. Mit dem Lied «Hoffnig vor Wält» laden Martis ein, sich ebenfalls mit Jesus auf den Weg zu begeben.
Hier geht's zum Musikvideo:
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Datum: 15.02.2022
Autor: Mirjam Fisch-Köhler
Quelle: Jesus.ch