Auch Heimabtreibung

WHO fordert: Abtreibung völlig «entkriminalisieren»

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat ihre Richtlinien zum Schwangerschaftsabbruch aktualisiert und fordert darin die vollständige «Entkriminalisierung» der Abtreibung weltweit.
WHO-Gebäude in Genf (Bild: Wikimedia)

Die 200-seitige «Abtreibungsrichtlinie» wurde am 9. März veröffentlicht und ersetzt die seit 2012 bestehenden Leitlinien. Das neue Dokument beschreibt den Schwangerschaftsabbruch als «lebensrettende Massnahme» und fordert, dass Frauen und Mädchen nicht für den Abbruch ihrer Schwangerschaft verurteilt werden sollten. Auch Anbieter von Schwangerschaftsabbrüchen sollten nicht verurteilt werden, heisst es in dem Leitfaden.

«Bestandteil der Gesundheitsversorgung»

«Die Möglichkeit eines sicheren Schwangerschaftsabbruchs ist ein wesentlicher Bestandteil der Gesundheitsversorgung», sagte Craig Lissner, stellvertretender Direktor für sexuelle und reproduktive Gesundheit und Forschung bei der WHO. «Fast alle Todesfälle und Verletzungen, die durch unsichere Abtreibungen verursacht werden, sind vollständig vermeidbar. Deshalb empfehlen wir, dass Frauen und Mädchen Zugang zu Abtreibungs- und Familienplanungsdiensten haben, wenn sie sie brauchen.»

In den Leitlinien heisst es, dass die Regierungen «Hindernisse» für die «rechtzeitige Bereitstellung einer qualitativ hochwertigen Abtreibungsversorgung» beseitigen sollten, wie z.B. «Grenzen für das Schwangerschaftsalter, obligatorische Wartezeiten, Anforderungen an die Genehmigung durch Dritte und Beschränkungen für Anbieter». Abtreibung sollte vollständig entkriminalisiert werden, fordert der Leitfaden.

«Do-it-yourself»-Abtreibungen empfohlen …

Nach dem Dokument sollten Regierungen auch den Zugang zu medizinischen Abtreibungspillen sicherstellen, fordert die WHO. Zum ersten Mal wird der Einsatz von Telemedizin, «wo dies angemessen ist», empfohlen.

Nach dem Ausbruch von Covid-19 gehörte das Vereinigte Königreich zu den Ländern, die es Frauen erlaubten, sich Abtreibungspillen nach einer telefonischen oder elektronischen Beratung mit einem Abtreibungsanbieter per Post nach Hause schicken zu lassen. Die WHO behauptet, die Telemedizin habe «den Zugang zu Abtreibungs- und Familienplanungsdiensten während der Covid-19-Pandemie erleichtert».

… trotz Risiken und Nebenwirkungen

Kritiker haben die Abtreibung durch Telemedizin – auch bekannt als Heimabtreibung – als unsicher verurteilt, weil sie Frauen und Mädchen einem grösseren Risiko aussetzt, einen medizinischen Notfall zu erleiden oder von einem misshandelnden Partner zur Abtreibung gezwungen zu werden. Indische Studien aus den Jahren 2000, 2014 und 2017 ergaben, dass 53 Prozent der Frauen, die eine Abtreibungspille ohne ärztliche Begleitung anwendeten, sich nicht an die vorgeschriebene Dosierung hielten und dass 56,7 Prozent die Pille zwischen der 7. und der 12. Schwangerschaftswoche einnahmen. Fast 70 Prozent der Frauen entwickelten starke Blutungen, und die Ultraschalluntersuchung zeigte bei 72,2 Prozent eine unvollständige Abtreibung. Bei 75 Prozent der Frauen war eine (teils mehrfache) anschliessende Bluttransfusion nötig. Bei 1,9 Prozent kam es zu akuten Nierenproblemen, weitere 1,9 Prozent starben an septischem oder hämorrhagischem Schock.

Die Abtreibungspille «Mifegyne», die häufig angewendet wird, darf in der Schweiz nur unter ärztlicher Aufsicht und Kontrolle eingenommen werden und zwar bis zur 7. Schwangerschaftswoche, gerechnet ab dem ersten Tag der letzten Regelblutung. Die Schwangerschaft muss zuvor ärztlich bestätigt werden.

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Datum: 15.03.2022
Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Livenet / Christian Today / Swissinfo.ch / Alfa

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