«Zurück zur Natur»

An der Landwirtschaft orientieren

Der Bündner Landwirt Christian Buchli sieht sich einem sorgsamen Umgang mit Gottes Schöpfung verpflichtet. Er hat kein Verständnis, wenn «grüne Politik» ohne Bauern gemacht wird und ruft Landwirte und Konsumenten zur Verantwortung auf.
Christian Buchli (Bild: zVg)
Christian Buchli bei der Arbeit

Christian Buchli (1963) aus Scharans (GR) blickt auf die Entwicklung der Schweizer Landwirtschaft. «Wir müssen uns bemühen, den Bauernberuf auch für künftige Generationen attraktiv zu halten», ist er überzeugt. Obwohl der Ruf «zurück zur Natur» heute eindringlich gehört wird, bleibe die Landwirtschaft dabei trotzdem aussen vor.

Landwirtschaft verändert sich

Christian wuchs als Bauernjunge in einem einfachen naturnahen Umfeld auf. «Die Landwirtschaft war für mich eine anstrengende und ganzheitliche Lebensform.» Als Kind packte er viel mit an. Schon als Fünfjähriger führte er die Tiere zum Brunnen zum Tränken, und war früh gewohnt, Verantwortung zu übernehmen.

In jener Zeit wurden viele kleine Landwirtschaftsbetriebe aufgegeben, die Industrialisierung schritt schnell voran. Mit 13 entschied Christian, Landwirt zu werden und später in die Fusstapfen seiner Eltern zu treten. In der Lehre wurde er mit viel Neuem bekanntgemacht.  Viele Aspekte der zunehmenden Technologisierung gefielen ihm jedoch nicht. «Es konnte nicht gesund sein, das Land mit Mitteln zu bespritzen, auf deren Verpackung ein Totenkopf angebracht war. Oder den Kühen die Hörner abzuschneiden damit sie sich nicht verletzten.» Basierend auf der alten Methode suchte und fand er ganzheitliche Lösungen auch für neue Herausforderungen. Dabei hinterfragte er auch den Trend «Alles was neu ist, ist besser».

Wenn ernsthafte Fragen aufkommen

In einem christlichen Elternhaus aufgewachsen, bleibt er dem Glauben lange skeptisch gegenüber. Das änderte sich, nachdem seine Mutter im Alter von 56 Jahren ihrem Krebsleiden erlag. Christian war damals 19 Jahre alt. Sie wollte zu Hause sterben, weil sie in diesem wichtigen Moment nicht von Medikamenten betäubt sein wollte. Er durfte miterleben, wie sie die Erde getröstet verlassen durfte. «Das hat mich tief bewegt. Es dauerte aber noch einige Jahre, bis ich mich für ein Leben mit Jesus entschied.» Gleichzeitig stellte er sich Fragen über ein gesundes Leben. Es schien ihm, als würde die Zunahme von Krebserkrankungen mit einer ungesunden Ernährungsweise zusammenhängen. «Schon bald war ich grösstenteils Selbstversorger und Direktvermarkter naturbelassener Nahrungsmittel.»

Widerstand erfahren

Als Landwirt erkannte Christian die Möglichkeit, einen Beitrag zu leisten, um gesunde und gleichzeitig geschmacksvolle Nahrungsmittel zu erzeugen. Er stellte seinen Betrieb verbindlich auf Bio um, was in den 80er Jahren nicht üblich war. Entsprechend erfuhr er Verachtung von anderen Bauern, die dafür wenig Verständnis hatten.

Gleichzeitig wurde ihm der christliche Glaube immer wichtiger. «Das Bekenntnis, das Leben der Leitung von Jesus Christus zu übergeben, hat viel bewirkt. Dadurch erfuhr ich aber auch oft Widerstand.» Glücklicherweise fand er auch da Gleichgesinnte.

Gemeinsam lernen

Bald schon tauschte sich Christian mit anderen Biobauern aus. Sie lernten voneinander und machten grosse Fortschritte. Christian sah es als Verantwortung Gott gegenüber, respektvoll mit dem Land umzugehen. «Es gibt gute Hilfsmittel, um die Schöpfung zu pflegen ohne Raubbau zu betreiben.»

Es braucht Innovation, um als Landwirt überleben zu können. Christian freute sich, als er 2005 einen neuen Stall ausserhalb des Dorfes bauen konnte. Das Gebäude sollte vielen Ansprüchen genügen und die Umsetzung war kraftraubend. Obwohl er gewohnt war, viel Verantwortung zu tragen, spürte er die Last jetzt auch gesundheitlich. «Es war befreiend, diese Last an Jesus Christus abgeben zu können.» Er freute sich dann über den Entscheid von einem seiner drei Söhne, im Bauernbetrieb mitzuarbeiten und ihn weiterzuführen.

Wenn Landwirte von der Gesellschaft «überrollt» werden

«Als junger Landwirt musste ich mitansehen, wie grosse Gebiete der Landwirtschaft zur Bauzone gemacht wurden.» Das Baugewerbe florierte und viele Landwirtschaftsbetriebe verschwanden. Dieser Trend geht weiter. «Wo früher gutes Landwirtschaftsland war, stehen heute vielerorts Häuser, Einkaufszentren oder Strassen.» Auch Christian ist klar, dass neue Häuser gebaut werden müssen. «Wir sollten aber danach fragen, wo gebaut wird. Es darf nicht immer auf Kosten von bestem Landwirtschaftsland geschehen, dadurch zerstören wir die inländische Nahrungsgrundlage.» Im Baugewerbe wird sehr viel Geld umgesetzt, Bauern hätten dagegen Mühe, sich entsprechend Gehör zu verschaffen.

Landwirte brauchen eine Stimme

Christian bedauert, dass heute zunehmend Entscheide von Menschen getroffen werden, die wenig oder überhaupt keinen Bezug zur Landwirtschaft haben. «In unterschiedlichen Fragen wurden politische Entscheide über die Köpfe der Bauern hinweg getroffen.»

Im Bündnerland steht aktuell das Problem der Wölfe im Raum. Umweltverbände verbreiten ihre Meinung als Tatsache, dass die Rückkehr ausgestorbener Tierrassen ein Dienst an der Natur sei. Unabhängig vom Schaden den sie verursachen. Christian sieht für Landwirte keine Möglichkeit, sich unter jetzigen Bedingungen erfolgreich vor ihnen zu schützen.

Der Tatsache, dass sich Politiker und Aktivisten für ein «zurück zur Natur» einsetzen, ohne dabei die Interessen der Landwirte zu berücksichtigen, macht Christian verständnislos. «Wir müssen den Bauernberuf unbedingt für kommende Generationen attraktiv halten.»

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Datum: 03.08.2020
Autor: Markus Richner-Mai
Quelle: Livenet

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