«Historisches Angebot»

Ein Plan für den «Mülleimer der Geschichte»?

Ist Trumps «Jahrhundertplan» bereits ein Teil des Wahlkampfes, mit dem er sich die Stimmen von Evangelikalen sichern will? Vieles spricht dafür, wenn man sich die Architektur des Plans näher ansieht.  
Jerusalem (Bild: Pixabay)

Mit einem vielfachen «Nein» haben die Palästina-Araber geschlossen – Fatah wie Hamas – den amerikanisch-israelischen Friedensplan für das Heilige Land vom 28. Januar 2020 abgelehnt. Was Präsident Donald Trump als «historisches Angebot» anpries, warf Palästinenserpräsident Mahmud Abbas sofort in den «Mülleimer der Geschichte».

Vertrauen auf «Gottes Verheissungen»

Von den weiteren – fast nur negativen – Stellungnahmen setzen sich eigentlich nur evangelikale Leiter in den USA ab. Für sie ist die Rückkehr des Volkes Israel nach Palästina Gottes Wille. Sie vertrauen daher auch dem Staat Israel als einem göttlichen Werkzeug in der Heimat der Bibel und von Jesus. An diesem Grundvertrauen festzuhalten, braucht gerade jetzt einen besonders starken Glauben, nachdem die Absichten von Trump und Benjamin Netanyahu auf dem Tisch liegen.

Hohe Verzichtsleistung gefordert

Auf den 80 Seiten ihres Dokuments finden sich eben fast nur Nachteile für die arabische Seite. Sie soll auf alle Niederlassungen jüdischer Siedler im Westjordanland und einen breiten Streifen an der Grenze zu Jordanien für immer verzichten. Beide werden an den Staat Israel angeschlossen. Dieser reicht dann bis an die Tore der PLO-Hauptstadt Ramallah.

Das verbleibende Palästinensische Selbstverwaltungsgebiet würde sich zwar um ein Drittel vergrössern, doch kein zusammenhängendes Territorium bilden. Mit nichts als Enklaven würde es dem Flickenteppich altdeutscher Kleinfürstentümer gleichen. Diesen zerfransten Fetzen eines Arabisch-Palästina will Israel auch dann weiter militärisch beherrschen, wenn er vielleicht einmal Eigenstaatlichkeit erlangen sollte. Diese wird den Palästinensern nicht zugesagt, sondern mit Fragezeichen ans Ende eines neuen Verhandlungsprozesses gestellt.

Hoffen auf gute Nachbarschaft jenseits der Zäune

Evangelikale Palästina-Christen und messianische Juden sehen aber das künftige Nebeneinander von Israelis und Arabern im Westjordanland gar nicht so negativ. Sogar unter den sonst für ultra-orthodox eingeschätzten jüdischen Siedlern gibt es erste Stimmen, die auf eine bald gute Nachbarschaft mit den «Palästinensern jenseits von unseren Zäunen» hoffen. Zwischen den Gemeinden der «American Baptist Assosiation» im israelischen Nazareth und der Palästinenser-«Hauptstadt» Ramallah wurden erste Kontakte aufgenommen. Das bestätigt vor Ort die recht positive Aufnahme des Trump-Planes durch die US-Evangelikalen: So durch Rev. Johnnie Moores, einen evangelikalen Trump-Berater, der dessen Befriedungserklärung als «nuanciert, realistisch und umfassend» lobt.  Auch der Vorsitzende von «Christians United for Israel» (CUFI), der TV-Evangelist John Hagee, spricht vom besten «Friedensplan, den eine amerikanische Regierung je vorgelegt» habe.

Widersprüche im «Jahrhundertplan»

Dennoch bleibt Trumps Nachgeben zugunsten so gut wie aller israelischen Maximalansprüche in Sachen Jerusalem widersprüchlich. Einerseits ist in dem US-Papier von Jerusalem als unteilbarer Hauptstadt Israels die Rede. Dann wird es jedoch auch den Palästinensern als Regierungssitz angeboten. Wie aus Diplomatenkreisen in Amman zu erfahren ist, soll es sich bei diesem «Arabisch-Jerusalem» mit Abu Dis um ein Stück Westbank handeln, das an die heilige Stadt angrenzt. Mahmud Abbas müsste aber mindestens die islamischen Heiligtümer der Altstadt zurückbekommen, um weiter als halbwegs erfolgsträchtiger PLO-Führer gehandelt zu werden. Sonst diktieren künftig allein Iran und die Terroristen das Gesetz des Handelns.

Keine Heimkehr der Palästina-Araber

Von einer Heimkehr der vertriebenen Palästina-Araber ist im amerikanisch-israelischen «Jahrhundertplan» überhaupt keine Rede mehr. Dabei wäre der Traum vom Land der Väter bei ihrem Durchhalten im Exil genauso wichtig, wie er es fürs zerstreute jüdische Volk bis zu seiner Erfüllung war. Das sollte Israel eigentlich verstehen. Jedenfalls zeigen jetzt alte Männer im Palästinenserlager Schatila von Beirut verzweifelt Fotos ihrer alten Häuser und Dörfer im «Heiligen Land»: «Nun werden wir eine Heimkehr gewiss nicht mehr erleben!» Die bittere Enttäuschung geben sie an die jüngeren Generationen weiter. Ihre Feindschaft zu Israel wuchert als nahöstlicher Zündstoff fort.

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Datum: 05.02.2020
Autor: Heinz Gstrein
Quelle: Livenet

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