Platzkundgebung statt Umzug

«Marsch fürs Läbe»: Zürich auch gegen Demozug 2021

Die Zürcher Stadtregierung stellt sich gegen einen «Marsch fürs Läbe»-Umzug am 18. September 2021 durch die Strassen Zürichs. Das Risiko, dass Menschen verletzt werden, sei erheblich, heisst es in einer Medienmitteilung vom 1. Oktober 2020. Der Stadtrat schlägt stattdessen vor, auf eine stehende Veranstaltung auf dem Turbinenplatz auszuweichen. Die Veranstalter des
Marsch fürs Läbe (Bild: Facebook)
Die Zürcher Polizeivorsteherin Karin Rykart

«Marsch fürs Läbe» sind nicht zufrieden und wollen sich dagegen wehren.

Der Zürcher Stadtrat verweist in seiner Begründung des Entscheids auf die Vorfälle rund um den «Marsch fürs Läbe» 2019. Am Tag dieses Umzugs hätten im Kreis 5 gleichzeitig und friedlich Gegnerinnen und Gegner des Marschs demonstriert. Mehrere Gruppierungen, darunter auch gewaltbereite, hätten sich jedoch in der Nähe des Turbinenplatzes formiert und versucht, mit heftigen Angriffen den «Marsch fürs Läbe» zu stören. «Die gewaltbereiten Gruppen hatten Barrikaden errichtet und angezündet. In mehreren Situationen wurden Passantinnen und Passanten gefährdet, darunter auch Kinder», schreibt die Zürcher Stadtregierung in ihrer Mitteilung.

Diese Argumentation können die Veranstalter des «Marsch fürs Läbe» nicht nachvollziehen. Sie schreiben in einer Medienmitteilung: «Erneut wurden die Risiken für die Veranstaltung als zu hoch bzw. nicht verhältnismässig eingestuft, obschon die Polizei die Teilnehmenden der Märsche in Zürich von 2010 bis 2015 und 2019 immer bestens geschützt hatte.» Im Jahr 2019 sei der Marsch zwar auf einer verkürzten Route geführt worden. Es sei jedoch zu keinen Tätlichkeiten gegenüber den Marschteilnehmern gekommen.

«Welchen Preis soll Zürich bereit sein zu zahlen?»

Die Polizeivorsteherin Karin Rykart sagte an einer Medienkonferenz am 1. Oktober 2020, sie verurteile das Vorgehen dieser Gruppen. Dass es Gruppen von gewaltbereiten Menschen schaffen würden, einen an sich friedlichen und harmlosen Umzug zu verhindern, sei bitter. «Ich bedaure diesen Umstand sehr», so Rykart. «Gewalt ist leider eine Realität und gehört zur Kehrseite eines freiheitlichen Staates. Ich muss also abwägen: Welchen Preis soll Zürich bereit sein zu zahlen dafür, dass der Marsch durch die Stadt ziehen kann? Müssen wir Verletzte oder Schlimmeres in Kauf nehmen? Ich finde: Nein.»

Der Entscheid des Stadtrats gegen den Umzug kann beim Statthalter angefochten werden. Das OK des «Marsch fürs Läbe» hat bereits angekündigt, diesen Weg zu beschreiten.

Stellungnahme «Marsch fürs Läbe»

Die Veranstalter des «Marsch fürs Läbe» haben mit einer Stellungnahme auf den Stadtratsentscheid reagiert, die Livenet hier publiziert:

«Das OK Marsch fürs Läbe bedauert ausserordentlich, dass eine friedliche Kundgebung für das Lebensrecht ungeborener Kinder jedes Jahr einen Polizeieinsatz mit mehreren hundert Polizeiangehörigen erforderlich macht. Auch haben die Veranstalter Hochachtung für die Arbeit der Polizeiangehörigen, welche Kundgebung und Marsch unter Einsatz ihrer Gesundheit vor linksextremen Angriffen schützen.

Massive Kritik äussert der Marsch fürs Läbe an den politischen Führungsgremien der Polizeikräfte in den Städten Zürich, Bern und Winterthur. Die Stadtregierungen haben in den letzten Jahren Freiräume ermöglicht, in welchen sich radikale und gewaltbereite Kreise organisieren und ausbreiten konnten. Immer häufiger schränken nun gewaltbereite Gruppen Veranstaltungen und Meinungen, welche nicht ihrem Denken entsprechen, ein oder verhindern diese gar.

Dem Marsch fürs Läbe bleibt nun wiederholt nur der weitere Rechtsweg, um gegen dieses erneute Verbot der Versammlungs- und Meinungsäusserungsfreiheit anzugehen. Somit wird der nächste Schritt des Marsches – wie bereits im 2019 – über das Statthalteramt führen und dann ggf., falls nötig, wieder über das Zürcher Verwaltungsgericht.»

Livenet-Talk thematisierte die «Marsch fürs Läbe»-Absage:

Der «Marsch fürs Läbe» resp. das Treffen zum «Marsch fürs Läbe», das am 19. September 2020 in Winterthur hätte stattfinden sollen, war auch Thema im Livenet-Talk vom 24.09.2020. Hier können Sie den Talk zum Thema «Meinungsfreiheit auf dem Prüfstand» in voller Länge ansehen:


Zum Thema:
Dossier Livenet-Talk
Livenet-Talk zur Meinungsfreiheit mit Juso-Präsidentin

Marc Jost zu Meinungsfreiheit: Ein Freiheitsrecht im Dienst von Wahrheit und Gerechtigkeit
Meinungsfreiheit gefährdet?: Am Samstag durfte nicht für das Leben demonstriert werden
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Datum: 01.10.2020
Autor: Florian Wüthrich
Quelle: Livenet

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