Eswatini im Zwielicht

Musterland für Freikirchen oder Despotenstaat?

Eswatini, das koloniale Swasiland, ist nach Gambia der kleinste Staat von Afrika. Für die Sache Jesu im Schwarzen Erdteil stellt es aber fast eine Grossmacht dar. Zumindest ein Modell dafür, wie die Botschaft des Evangeliums in einer afrikanischen Stammesgesellschaft Fuss fassen und bodenständige Glaubensvorstellungen unter Beibehaltung mancher Bräuche überwinden kann.
Der König von Eswatini – ehemals Swasiland – Mswati III. (rechts) vor seinem Palast (Bild: Facebook)

Von den 90 Prozent Christen unter Eswatinis rund 1,5 Millionen Einwohnern gehören wieder neun Zehntel zu evangelischen Kirchen, nur ein Rest sind Katholiken. Gerade diese kritisieren neustens die religiöse Lage in Afrikas letzter absoluter Monarchie.

In Afrika seltene Religionsfreiheit

Schon 2018 hatte die französische Wochenzeitung «Le Monde Diplomatique» recht tendenziös über Eswatini geurteilt: «Im Land von König Mswati III. herrscht Polygamie. Ehescheidungen und Miniröcke sind verboten – das wiederum gefällt den Evangelikalen, die der Monarch unterstützt.»

Davon kann keine Rede sein. Nur herrscht in dem Kleinstaat im Grenzland der Südafrikanischen Republik mit Mosambik eine sonst in Afrika seltene volle Religionsfreiheit, die nicht nur den christlichen Grosskirchen zugut kommt, sondern auch die evangelischen Freikirchen einschliesst.

Von aussen Ende der Königsherrschaft gefordert

Nun haben aber benachbarte Kirchen in Südafrika Anfang Juli für Eswatini ein Ende der unbeschränkten Königsherrschaft und eine «konstitutionelle Demokratie» gefordert. Es handelt sich um eine in Johannesburg «aus christlichem Mitgefühl» abgegebene Erklärung auf einer Pressekonferenz der «Gemeinschaft Südafrikanischer Kirchenräte» (FOCCISA). Dieser gehören Anglikaner, Lutheraner, Presbyterianer, Kongregationalisten und eine methodistische Gemeinschaft, aber keine anderen evangelischen Freikirchen an. Deren Gedeihen in Eswatini gab der FOCCISA schon öfter Anlass zur Kritik.

Es waren dann vorwiegend internationale katholische Kirchenagenturen, von denen dieser politische Aufruf global verbreitet wurde. Es ist darin von wochenlangen Demokratieprotesten gegen die «eiserne Faust» der Regierung von König Mswati III. die Rede. Während über die Hälfte der Bevölkerung in Armut lebe und auf internationale Nahrungshilfe angewiesen wäre, führen der Herrscher und seine 15 Frauen ein Luxusleben. Bei gewaltsamen Prosteten in den letzten zwei Wochen seien mindestens 60 Menschen ums Leben gekommen.

Verarmt, doch hervorragende christliche Bildung

Demgegenüber steht die positive Tatsache, dass Eswatini zwar seit der ökologisch bedingten Schliessung seiner Asbestminen verarmt und daher nicht ohne soziale Spannungen ist, aber weiter über ein hervorragendes Bildungssystem verfügt, das so gut wie ganz von christlichen Kirchen begründet wurde und aufrecht erhalten wird. Eine führende Rolle spielt dabei die Heiligungsbewegung «Kirche des Nazareners». Sie zählt heute in 150 Ländern eine Anhängerschaft von über zwei Millionen und ist auch in der Schweiz mit zwei Gemeinden vertreten.

Eigene Dachorganisation für Freikirchen

Eswatinis Christen gliedern sich in drei Kirchenräte: Das «Council of Swaziland Churches», welches Anglikaner, Episkopale und Mennoniten sowie die Katholiken als Beobachter umfasst; die «League of Churches» vertritt Kirchen afrikanischer Tradition wie die «Zion's Church» Die evangelischen Freikirchen mit Baptisten und Pfingstgemeinden bilden die «Swaziland Conference of Churches». Die drei Organisationen arbeiten in Projekten der ländlichen Entwicklung, bei Missionsaufgaben, der Rundfunkanstalt «Voice of the Church» (VOC) und im Religionsunterricht zusammen.

Fragwürdiger Umsturz

Dieser ist ein Pflichtfach in den Grundschulen von Eswatini und fakultativ im höheren Bildungswesen. Im Lehrplan sind zwar alle Glaubensrichtungen vorgesehen, jeglicher Religionsunterricht an Schulen findet allerdings aus christlicher Perspektive statt. Religiöse Jugendgruppen dürfen nur von Christen gegründet werden und erhalten Förderung durch das Königshaus. Die christlichen Feste sind offizielle Feiertage des Landes. Von Eswatini verkündet «Trans World Radio» die Botschaft Jesu nach ganz Afrika. Ob das alles nach einem Sturz der Monarchie auch so bliebe?

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Datum: 19.07.2021
Autor: Heinz Gstrein
Quelle: Livenet

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