Darrin Ray

«Er nahm die Scherben und formte etwas Neues»

Als Kind wird Darrin Ray wegen seines entstellten Gesichtes heftig gemobbt. Dann zerstört ein schwerer Unfall alle Träume. Immer wieder kommen Zweifel auf: Hat Gott wirklich einen guten Plan für sein Leben?
Darrin Ray (Bild: Christian Post)
Darrin Ray mit seinem amputierten Bein

Darrin Ray wird mit einer Lippen-Kiefer-Gaumenspalte geboren. Er lässt als Kind viele Operationen über sich ergehen, um grosse Teile seines Gesichts richtig zu formen. Trotz allem sieht er anders aus als andere Kinder. Und das führt zum Mobbing. «Manche Eltern liessen ihre Kinder nicht mit mir spielen, weil ich anders aussah. In der Grundschule bewarfen Kinder mich mit Steinen, damit ich von ihnen fernblieb… Ich hatte eine sehr einsame Kindheit und das machte mich sehr, sehr bitter.» Und wütend auf diesen Gott, der ihn ebenfalls allein gelassen hat…

Wie strahlende Kirchenfenster

Eines abends sitzt er mit seiner Mutter in der Kirche. Draussen ist es dunkel und verregnet und Ray fragt seine Mutter: «Warum hat Gott mich so hässlich gemacht?» Nach einer Weile zeigt seine Mutter auf die seitlichen Kirchenfenster. «Siehst du, wie dunkel die sind? Normalerweise würdest du die nicht wieder anschauen. Aber wie sehen dieselben Fenster aus, wenn wir am Sonntag morgen hier in der Kirche singen und die Sonne durch sie hindurch strahlt? All die leuchtenden Farben… Gott hat dich genau so schön gemacht, wie diese Fenster… Du bist ein Stück von diesen Fenstern – du brauchst nur die Augen, um das zu sehen; du musst Gott vertrauen.» Genau das ist die Frage: Glaubt er Gott?

Der Unfall

Darrin heiratet und zieht mit seiner Frau und der dreijährigen Tochter nach Kalifornien. Er arbeitet als Diakon in einer Gemeinde, seine Frau hat einen guten Job, alles sieht perfekt aus, bis er am 20. August 2006 morgens in die Kirche fährt. Ein Mann kommt unter starkem Einfluss von Alkohol und Medikamenten von seiner Spur ab und prallt frontal auf Darrins Auto. «Das gesamte Vorderteil des Autos zerquetschte meine Beine, meine Arme waren verätzt durch die Explosion der Batterie…» Obwohl der Airbag funktionierte, schlägt sein Gesicht in die Windschutzscheibe, seine Hüfte ist zerquetscht, die rechte Lunge eingedrückt und er droht zu verbluten. «Mein Körper war kaputt, zerbrochen…»

«Es zerbrach meine Seele»

Von August bis Oktober geht er von einer Operation zur nächsten. Der Arzt erklärt Darrin: «Vor Ihrem Unfall waren Sie ein 36-jähriger Mann. Jetzt verlassen Sie das Krankenhaus mit dem Körper eines 70-Jährigen…» Sein rechtes Bein und der Fuss sind so zertrümmert, dass er jahrelange Operationen brauchen würde, ohne zu wissen, ob es wirklich funktionieren wird. Die Alternative ist Amputation. «Jetzt war nicht nur mein Körper zerbrochen, das zerbrach auch meine Seele…»

Zweifel an Gottes Güte kommen auf. Menschen aus seinem Umfeld erinnern ihn daran, dass Gottes Wort trotz allem wahr ist und dass er gute Pläne für ihn hatte. «Doch so, wie schon als kleiner Junge, sah ich diese guten Pläne nicht. Alles, was ich sah, waren Scherben… und ich wollte nur noch sterben. – Aber Gott hatte andere Pläne.»

Neue Hoffnung

Jeden Tag erhält er Besuch vom Krankenhausseelsorger Jerry Roberts – Darrin ist schon richtig genervt. Immer wiederholt der Pastor: «Darrin, Gott hat eine Berufung für dich.» Aber Darrin reagiert nie, er ist wie gelähmt. Eines Tages sagt Jerry frustriert: «Glaubst du wirklich, dass Gott dich dazu berufen hat, für den Rest deines Lebens von Beruf Patient zu sein?» Das haut rein. «Ich lernte, dass der Verlust von Gliedmassen nicht Lebensverlust bedeutet.» In seiner Verzweiflung sieht er mit einem Mal Hoffnung. «Erst wollte ich sterben, jetzt wollte ich leben – und zwar für Gott.»

Vergebung

In der Reha erfährt Darrin, dass der betrunkene Fahrer ins Gefängnis gekommen ist. Und er muss Darrin 2,5 Millionen US-Dollar Schadensersatz zahlen. Darrin weiss, dass er ihm vergeben sollte, kann es aber nicht. «Ich wusste, dass ich ihm vergeben musste, aber ich wollte nicht. Ich wollte, dass er leidet, so wie er mich und meine Familie leiden liess…»

Doch Gott beginnt, in seinem Herzen zu arbeiten. Als Darrin den 49-Jährigen im Gericht sieht, hat er plötzlich Mitleid mit ihm. Bei einer Gerichtsanhörung spricht Darrin den Richter an. «Ich bat den Richter, dem Mann die Summe zu vergeben, die er uns direkt schuldete. Der Richter schaute mich an und fragte: 'Warum wollen Sie diesem Mann die Schuld vergeben?' Ich schaute ihn an und antwortete: 'Weil ich einen Retter habe, der mir meine Schulden vergeben hat, die ich nie hätte zahlen können…'» Mit der Vergebung kommt neue Leichtigkeit in sein Leben. «Es machte mich nicht bitter, sondern besserte alles. Und es half mir wirklich, innerlich zu heilen.»

Drei Jahre später geht Darrin an die Uni zurück und macht den Abschluss zum Pastor. Heute arbeitet er mit Senioren und behinderten Menschen. Und er weiss jetzt, dass Gott ihn sein Leben lang darauf vorbereitet hat, auf Augenhöhe mit Menschen mit Behinderungen zu arbeiten. «Als ich aufwuchs, sah ich nichts als Scherben. Aber Gott nahm die Scherben und formte daraus etwas vollkommen Neues, um mich wieder ganz zu machen.»

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Datum: 10.08.2020
Autor: Rebekka Schmidt
Quelle: Jesus.ch / I am Second

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