«Wir sollten demütig akzeptieren, dass es Geheimnisse gibt»
Der brasilianische Wissenschaftler Marcelo Gleiser wurde in der vergangenen Woche mit dem Templeton Prize geehrt, der Verdienste an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Religion auszeichnet. Das Besondere: Gleiser selbst bezeichnet sich als Agnostiker. Doch im Zusammenhang mit der Verleihung erklärte er, dass Wissenschaft und Religion keinesfalls Feinde seien.
Gegenüber der französischen Nachrichtenagentur AFP sagte Gleiser, dass er zwar nicht an Gott glaube, doch er wolle die Möglichkeit eines Gottes nicht komplett abschreiben, denn der «Atheismus steht im Widerspruch mit der wissenschaftlichen Methode». Atheisten glauben an den Nicht-Glauben – und so würde man kategorisch etwas abstreiten, gegen das es keine Beweise gebe. «Ich möchte offen dafür bleiben, weil ich weiss, dass das menschliche Wissen begrenzt ist.»
«Es gibt Geheimnisse um uns herum»
Der Physiker, der seit den 1980er Jahren in den USA wohnt, setzt sich dafür ein, komplexe Themen zugänglicher zu machen. Er hat bereits über den Klimawandel, Einstein, Wirbelstürme, schwarze Löcher und das menschliche Gewissen geschrieben und dabei versucht, die Verbindung zwischen der Wissenschaft und dem Menschlichen aufzuzeigen.
Zudem hat er untersucht, wie Wissenschaft und Religion jeweils die Fragen zum Ursprung des Lebens und des Universums beantworten. Für ihn besteht hier die Verbindung der beiden Bereiche, in der Neugierde darüber, wie alles begann. «Bis zu einem gewissen Punkt kann die Wissenschaft Antworten auf bestimmte Fragen geben.» Doch nach diesem Punkt komme man nicht weiter. «Wir sollten demütig akzeptieren, dass es um uns herum Geheimnisse gibt», erklärte er gegenüber AFP.
Ursprung des Universums ist noch nicht geklärt
Keinerlei Verständnis hat er gegenüber Menschen, die vertreten, dass die Welt in sieben Tagen erschaffen wurde. Sie hätten eine veraltete Denkweise über Wissenschaft und Religion, in welcher alle Wissenschaftler versuchen würden, Gott zu töten. Er sei vielmehr der Meinung, «Wissenschaft tötet Gott nicht».
Unverständnis zeigte er aber auch gegenüber Atheisten, die Wissenschaft und Religion als Feinde darstellen und die Religion komplett ausrotten wollen, wie etwa Richard Dawkins – denn Gleiser ist überzeugt, dass der Glaube an einen Gott weltweit Identität und Gemeinschaft schafft. Es sei extrem arrogant von Wissenschaftlern, solche Aussagen zu machen. «Wenn man von berühmten Wissenschaftlern Aussagen hört wie beispielsweise, dass die Kosmologie den Ursprung des Universums erklärt habe und wir Gott nicht mehr bräuchten, dann ist das völliger Unsinn. Weil wir den Ursprung des Universums noch überhaupt nicht erklärt haben…»
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Datum: 27.03.2019
Autor: Rebekka Schmidt
Quelle: Livenet / AFP