Wo bleibt Gott im Dunkeln?
«Ich war ein fröhlicher Junge, bin in einer christlichen Familie aufgewachsen und liess mich mit 15 taufen, um meinen Glauben zu bezeugen», erzählt Beni Bleiker. Kurz darauf erkrankte er an einer Psychose. «Ich hatte vor allem Angst», beschreibt er. «Ich hatte Angst, das Haus zu verlassen, Angst, dass mir oder meinen Eltern etwas zustossen könnte, ich wurde zunehmend depressiv.» Wenn ihn ein Kollege zur Party am Samstag einlud, sagte er freudig zu. Doch am Freitag stieg Angst auf: «Der will mir sicher etwas antun!», argwöhnte Beni und ging nicht hin. Seine Freunde verstanden seine psychischen Probleme nicht, er verlor immer mehr von ihnen. Die Eltern konnten ihm nicht helfen, er musste schliesslich die Schule abbrechen. «Mein Vater hat gesagt: Du musst dich ändern – die Welt verändert sich nicht.» Beni war sauer, fand: «Du hast ja keine Ahnung, was ich durchmache!» Doch er nahm professionelle Hilfe in Anspruch und bekam Medikamente.
Wütend auf Gott
Beni erwartete von Gott, dass er ihn heilt. Als nichts geschah, klagte er ihn wütend an: «Warum lässt du dein geliebtes Kind so leiden?» Er wusste, dass Gott lebt: «Doch ich kannte ihn damals nicht wirklich. Er sollte auf meine Bitten reagieren – als er das nicht tat, brach ich die Beziehung ab.» Beni erholte sich innerhalb eines Jahres so weit, dass er das 10. Schuljahr antreten konnte. Er war stolz auf sich, fand anschliessend eine Lehrstelle, doch sein Kopf war nicht aufnahmefähig. Ängste kehrten zurück, jetzt hörte er auch Stimmen, die ihn warnten, das Haus zu verlassen: «Geh nicht raus, sonst stirbst du!» Schliesslich wurde paranoide Schizophrenie diagnostiziert und dem Teenager eine volle IV-Rente zugesprochen. «Du wirst nie im ersten Arbeitsmarkt bestehen können», war die niederschmetternde Prognose. Beni suchte Hilfe bei verschiedenen Therapeuten und bekam immer wieder neue Medikamente.
Als der junge Mann eine Ex-Freundin traf, motivierte ihn das, etwas aus seinem Leben zu machen. Er glaubte: «Als psychisch Kranker hast du bei ihr keine Chance!» Nun wandte er sich an Gott und bat ihn um Hilfe. «Du musst dich verändern, Beni, doch ich helfe dir», hörte er. Und dann ging es aufwärts. Er konnte ein Praktikum in einer Velowerkstatt antreten, danach bekam er eine Lehrstelle bei der gleichen Firma. Und nun war es, als ob ihm Gott das nötige Wissen einflössen würde. Er blieb nahe beim himmlischen Vater, bat ihn um Hilfe, wenn er wieder ins Trudeln kam. «Ich lernte Gott in diesen drei Jahren ganz neu kennen und lebe nun in einer gesunden Abhängigkeit von ihm», bestätigt er.
Die Ausbildung schloss er erfolgreich ab. Heute ist er soweit gesund, dass er berufstätig sein kann und keine IV-Rente braucht. «Wenn ich bei Gott bleibe, geht es mir gut», erklärt er. «Entferne ich mich von ihm, nimmt die Angst zu.» Sein Therapeut bezeichnet das nicht als Wunder, sondern benannte die Krankheit um: Es sei eine schwer psychotische Zeit gewesen. Beni weiss: «Die Beziehung zu jener Frau hätte mir geschadet – aber sie war der Auslöser, dass ich etwas unternehmen wollte.»
Biblische Ermutigung
«Die Bibel enthält viele mutmachende Aussagen zum Thema Angst», erklärt die Psychiaterin Ursula Wälty. Im Talk von Brave beLIFE klärt sie über psychische Erkrankungen und ihre Behandlung auf. «Jesus selbst hatte vor seinem Tod grosse Angst. Er wusste, Angst gehört zum Leben.» Aber es stehe auch da: «Nichts kann uns trennen von der Liebe Gottes.» Sie ist überzeugt, dass Gottes Liebe allen Menschen gilt, jederzeit – auch wenn sie psychisch krank sind. Hilfreich sei es, wenn Vertrauenspersonen einfach da sind, die Angst zusammen mit dem Betroffenen aushalten. Wenn der Alltag nicht mehr zu bewältigen sei, rät sie, die Unterstützung durch Fachpersonen und Medikamente anzunehmen.
Der grösste Segen meines Lebens
Heute bestätigt Beni: «Ich habe immer noch Angst, Sorgen vor der Zukunft – aber sie ist nicht mehr krankhaft.» Wenn seine Frau abends nicht zur vereinbarten Zeit heimkommt, mache er sich Sorgen, doch dann wende er sich an Gott und finde bei ihm Frieden. «Ich bin nicht komplett frei von Angst, aber heute kann ich sie an Gott abgeben. Ich will darum eng mit ihm verbunden bleiben.»
Rückblickend stellt er klar: «Meine Krankheitszeit war hart, aber der grösste Segen meines Lebens – durch sie habe ich Gott persönlich kennengelernt. Wenn das die Voraussetzung wäre, Gott so nahe zu kommen – ich würde die Angststörung wieder durchmachen.» Er ermutigt psychisch belastete Menschen, Hilfe zu suchen – bei Menschen und Gott.
Hier gibt es den Brave beLIFE-Talk in voller Länge:
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Datum: 19.12.2024
Autor:
Mirjam Fisch-Köhler
Quelle:
Brave beLIFE