Angst vor dem Weltuntergang

Eine positive Endzeitkultur entwickeln

Die Zukunft ist offen. Doch an Schöpfung glauben heisst, das Universum in guten Händen zu wissen. Dies sagte der Astrophysiker Arnold Benz an der Tagung «Globale Transformation» in Männedorf am Zürichsee am 25./26. November. Mit Endzeitängsten können Christen im Vertrauen auf Gott umgehen.
Katastrophenfilme bedienen Endzeitängste oberflächlich: Szene aus «2012».
Der Zürcher Astrophysiker Arnold Benz

In seinem Vortrag unterstrich Arnold Benz, emeritierter Professor an der ETH in Zürich, dass die Zukunft offen ist: Aufgrund komplexer chaotischer Phänomene «können wir nicht voraussagen, was kommt». Hoffnung kenne man in der Physik nicht, denn «Hoffnung hat damit zu tun, wie wir die Wirklichkeit deuten». Der Sternenforscher deutet das Universum als Schöpfung Gottes. Schöpfungsglaube sei Vertrauen auf den Schenkenden. Wer so glaube, könne die Zeichen der Zeit als Geschenk deuten.

Den Tag geniessen

«Wir leben in einem dynamischen, sich entwickelnden Universum», betonte Arnold Benz. Ihren Wasserstoffvorrat werde die Sonne in Jahrmilliarden verbrennen. So sieht die Astrophysik das Ende der Welt voraus. Benz sagte, er geniesse den Tag – und halte sich nicht dabei auf, dass die Sonne Energie verbrauche. «Ich verstehe den Augenblick trotz allem, trotz Katastrophen, als Geschenk.»
Für 2012 waren stärkere Eruptionen auf der Sonne angesagt, doch ihr Höhepunkt dürfte laut Benz erst 2013 erreicht werden. Und der laufende 11-jährige Sonnenflecken-Zyklus verlaufe deutlich schwächer als prognostiziert. «Von der Sonne ist 2012 nichts Aussergewöhnliches zu erwarten.»

Was droht von Meteoriten?

Katastrophenängste wecken auch Meteoriten. Staubteilchen fallen tatsächlich in grossen Mengen zur Erde oder verglühen in der Atmosphäre. Der Einschlag eines Meteoriten mit 10 Metern Durchmesser hat die fünffache Energie der Hiroshima-Bombe – wahrscheinlich ereignet er sich alle hundert Jahre. Benz schilderte die katastrophalen erdgeschichtlichen Folgen der grössten Meteoriteneinschläge. Einige Meteoriten haben eine unberechenbare Bahn. «Grosse Meteoriteneinschläge sind selten, aber sie sind möglich und dann verheerend.»

Was ist fürs 21. Jahrhundert zu befürchten? Der Astrophysiker erinnerte daran, dass im 20. Jahrhundert der Zweite Weltkrieg allein 53 Millionen Opfer forderte, während durch einschlagende Meteoriten weniger als eine Handvoll Menschen ums Leben kamen. Auch wenn ein Restrisiko bleibt, ist die Menschheit primär politisch und ökologisch herausgefordert. Und, so Benz: «Die Zeit wird immer wieder neu geschenkt. Das ist meine Erfahrung der Schöpfung.»

Maya-Kalender esoterisch überladen

Der Sektenexperte Georg Otto Schmid kritisierte die apokalyptische Stimmungsmache gewisser Esoterik-Kreise im Blick auf den 21. Dezember 2012 im Maya-Kalender. An jenem Tag endet nach etwa 394 Jahren die 13. Baktun-Zeitspanne der Mayas. Eine Steinplatte im mexikanischen Tortuguero, deren Text nicht ganz erhalten ist, scheint damit die Erwartung eines Umbruchs zu verbinden.

Am Ursprung der aktuellen esoterischen Spekulationen steht der Anfang 2011 verstorbene Theosoph José Argüelles, der sich als Reinkarnation eines Maya-Herrschers sah. Er deutete die Grabplatte eines Maya-Königs als Bild des Aufstiegs in die Welt der Götter in eine höhere Dimension. Esoterische Lichtarbeiter behaupten, diesen Aufstieg zu ermöglichen. Die 25 Jahre seit 1987 hätten ihnen als Vorbereitungszeit gegolten, sagte Georg Otto Schmid. Er verwies auf die Schweizer Esoterikerin Reindjen Anselmi, die im Blick auf den 21. Dezember 2012 fordert, für den steilen Aufstieg zum «galaktischen Menschen» unnötigen Ballast abzuwerfen und Belastendes abzulegen.

Auf den Tag fixiert

Schmid sieht bei Lichtarbeitern im Blick auf das näher rückende Datum drei Gruppen: Die erste erwarte nicht das Ende der bisherigen Welt, sondern einen Bewusstseinswandel, bei dem der irdische Körper noch gebraucht werde. Die zweite sehe im 21.12.2012 erst den «Einstieg in den Ausstieg». Eine dritte Gruppe rechnet tatsächlich mit dem Weltende und geht daran, das bisherige Leben abzuschliessen. Die Angehörigen sorgten sich ernsthaft, sagte der Sektenexperte und riet, dem Realitätsverlust der Betroffenen zu begegnen.

Andreasgraben überall?

In der Diskussion riet der Historiker Christian Ruch, der die Tagung mitorganisiert hatte,  «Lebensängste, die sich als Endzeitängste verpuppen», ernst zu nehmen. Walter Lüssi, Studienleiter auf Boldern, stellte die Frage, wie viel Endzeitglauben dem christlichen Glauben gut tue. Der Religionswissenschaftler Prof. Georg Schmid sprach über den christlichen Umgang mit Apokalyptik, deren Anfang er bei Zarathustra ansetzte. «Wir haben Angst, auf dem Andreasgraben zu leben», kommentierte er Emmerichs Katastrophenfilm «2012».

Anders mit Untergangsängsten umgehen

Apokalyptische Grundsituationen sollten nicht weggedeutet werden, meinte Schmid. «Aber mit Apokalypse im eigenen Leben und weltweit sollten wir anders umgehen». Es gelte, aus der apokalyptischen Grundstimmung vieler Menschen  eine Endzeitkultur zu entwickeln.

Einen lebensbejahenden Umgang mit Untergangsängsten stellte Georg Schmid mit den weltgrössten Bildteppichen von Angers in Westfrankreich (1375) vor. Jesus von Nazareth habe im Horizont des Reiches Gottes ein neues Menschsein gelebt, «eine kleine Spiegelung des neuen Himmels und der neuen Erde, die auf uns zukommen». Davon dürfe in den Kirchen mehr zu spüren sein. «Wenn der christliche Glaube Vertrauen auf Gott ist, warum haben wir Angst?»
 
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Datum: 02.12.2011
Autor: Peter Schmid
Quelle: Livenet

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