Sithembiso Madlala

Vom gemobbten Waisenjungen zum Arzt

Sithembiso Madlala
Die ersten Lebensjahre verbrachte Sithembiso Madlala in einem gewalttätigen Zuhause, bis er schliesslich im Waisenheim landete. Dass genau dies ihm die Türen zu seiner erträumten Zukunft öffnen würde, schreibt er heute Gott zu.

Sithembiso Madlala wurde am 1. März 1997 in Mariannhill geboren, einer Township in KwaZulu Natal, Südafrika. Er war das dritte von fünf Kindern, alle hatten unterschiedliche Väter. Doch Sithembiso wuchs überwiegend allein bei seiner Mutter Bongi auf, die anderen Kindern lebten bei ihren Vätern. Die Mutter liess den Jungen oft tagelang allein, während sie betrunken auf der Strasse oder bei Freunden war. «Ich lernte von klein an zu kochen, damit ich etwas essen konnte», erinnert sich der Südafrikaner. «Eier beispielsweise waren leicht zu kochen. Ich verstand nicht, wo sie (die Mutter) war oder wann sie wiederkommen würde und so versuchte ich mein Bestes.»

In ihrem Rausch wurde Bongi gewalttätig und schlug auf den Sohn ein, warf sogar einmal ein Messer nach ihm, so dass er mehrmals durch das Jugendamt der Mutter weggenommen wurde. Als er nach einer längeren Abwesenheit wieder zur Mutter zurückkehren sollte, war Bongi an Tuberkulose erkrankt und konnte sich nicht mehr um ihn und seine jüngere Schwester kümmern. Deshalb kamen die beiden 2007 in ein Waisenheim.

Startschwierigkeiten

Doch auch das war keine gute Lösung. «Ich sprach kein Englisch und alle dort sprachen Englisch.» Er konnte die anderen nicht verstehen. Und es gab jede Menge Mobbing. «In meiner ersten Woche wurde ich an einen Baum gebunden und man schüttete Urin über mich – das war eine Art Aufnahme-Ritual…» In der Schule war er dementsprechend schlecht, musste beinahe die 3. und später die 5. Klasse wiederholen. Doch er vertiefte sich in die Bücher, die Kurzzeitmissionare im Waisenheim gelassen hatten, und lernte bald Englisch. Die Lehrer bemerkten seinen Eifer und unterstützten ihn.

Hilfe erhielt er auch von Kurzzeitmissionaren, insbesondere medizinische Freiwillige inspirierten ihn. «Eine deutsche Neugeborenen-Krankenschwester widmete ihr ganzes Leben dafür, anderen medizinisch zu helfen. Sie verbrachte viel Zeit mit den schwerkranken Kindern im Waisenheim – Kinder, die alle anderen abgeschrieben hatten, weil wir alle dachten, sie würden es eh nicht überleben.» Diese Frau beobachtete Madlala, lernte von ihr und übersetzte für sie sogar medizinische Dokumente aus dem Englischen in Zulu. Ihr uneigennütziger Einsatz für die Kinder inspirierte ihn zutiefst. Eine andere Krankenschwester schenkte ihm ein Spielzeug-Stethoskop, das ihm zum teuersten Schatz wurde.

Leben mit Jesus

Sithembiso Madlala ist Assistenzarzt

Als Sithembiso zwölf war, wurde der Jugendpastor Warren Holland im Heim angestellt, der morgens vor der Schule Andachten mit den Jungs führte. «Es war das erste Mal, dass mir jemand das Evangelium erklärte», erinnert sich Madlala. «Ich wollte mehr über diesen Gott erfahren, von dem Warren erzählte.» Bald wurde ihm klar, dass er Jesus brauchte – er brauchte Rettung! Er bat Jesus in sein Leben, liess sich aber erst später taufen.

Er brachte sich auch in der Sonntagsschule ein, aber das Medizinische Feld faszinierte ihn weiterhin. Eines Tages sprach er mit einem dunkelhäutigen Arzt – «ich hatte nie zuvor einen schwarzen Arzt gesehen» – der ihn ermutigte, diese Karriere zu verfolgen. «Meine Mutter starb mit 42. Sie starb an etwas, das heilbar ist. Ich war wütend darauf, wie sie mich behandelt hatte, als ich aufwuchs, aber ich war auch interessiert daran, wie und warum sie gestorben war. Warum starb sie an einer Krankheit, die eigentlich zu behandeln ist?»

Erstmals auf sich gestellt

Als erster Schüler seiner Schule bewarb er sich 2015 bei Witwatersrand, einer der besten Universitäten zum Medizinstudium in Südafrika. Eigentlich hatte er keine Chance – von rund 50'000 Bewerbungen pro Jahr wurden nur 300 akzeptiert. Doch er erhielt einen Platz – und ein vollständiges Stipendium. Und er wusste, dass Gott ihn genau dort haben wollte. Doch es war zunächst eine grosse Herausforderung: Erstmals lebte er allein in einer grossen Stadt, erstmals kam er in Kontakt mit weissen Kindern aus reichen Familien, erstmals musste er Geld verwalten, erstmals Versuchungen wie Alkohol und Drogen aus dem Weg gehen. «Es war, als ob ich auf einem anderen Planeten lebte.»

Hier wurde ihm sein Glaube zur festen Grundlage und er liess sich taufen. «Wenn ich nicht Christ geworden wäre, wäre ich nie in diese Richtung gegangen. Als ich Christ wurde, haben sich meine Prioritäten geändert. Das half mir durch die schwierigen Zeiten an der Uni.» Einer der Bibelverse, die ihn besonders prägten, war Psalm 119, Vers 9: «Wodurch hält ein junger Mensch seinen Lebensweg frei von Schuld? Indem er sich nach deinem Wort, Herr, richtet.»

Grosse Pläne

Aktuell hat Madlala sein Medizinstudium abgeschlossen und arbeitet als Assistenzarzt in drei Krankenhäusern von Pietermaritzburg, bevor er seinen Facharzt macht. Er möchte in die Unfallchirurgie. «In armen Gegenden gibt es oft Messerstechereien und Schiessereien, es wird viel Alkohol konsumiert und so gibt es viele Unfälle. In dem Bereich werde ich einen grossen Unterschied machen können.» Ausserdem möchte er eine Hilfsorganisation gründen, die Kindern hilft, so wie ihm geholfen wurde.

Heute ist er Gott dankbar dafür, wie er sein Leben geführt hat. Durch das Englisch, das er im Waisenheim lernte, öffnete sich erst die Tür für sein Studium, aber auch durch die vielen Menschen, die ihn inspirierten und unterstützten. «Gott hat mir jeden von ihnen auf meinen Weg gestellt. Gott hat mich durch die Menschen versorgt. Ich wäre nicht hier, wenn andere sich nicht die Zeit genommen hätten, um Menschen zu dienen. Und auf der anderen Seite darf ich heute anderen dienen!» Bis heute erinnert ihn das Spielzeug-Stethoskop daran.

Zum Thema:
Glauben entdecken
Kurzzeiteinsätze: Wenn Gutes tun nicht so gut ist
«Nahrung bringen reichte nicht»: Ukrainische Familie nimmt Waisenkinder auf
Gemeinsam anfassen: Christen in Ägypten suchen Alternative zu Waisenhäusern

Datum: 27.05.2023
Autor: Christina Stanton / Rebekka Schmidt
Quelle: Christianity Today / übersetzt und gekürzt: Livenet

Publireportage
Werbung
Livenet Service
Werbung