Er beklagt Niedergang des kulturellen Christentums
Der – excusez l'expression – Atheisten-Papst Richard Dawkins wertet die christlichen Inhalte nach wie vor als «Unsinn», beschreibt sich jedoch selbst als «kulturellen Christen». Dabei beklagt er den schwindenden kulturellen Einfluss des christlichen Glaubens in Europa.
Kürzlich nannte er Grossbritannien im Gespräch mit der britischen Journalistin Rachel Johnson ein «im Grunde christliches Land». Er persönlich schätze das christliche Ethos immer noch, obwohl er nicht an die Religion glaube, aus der es hervorgegangen ist.
«Ich bin ein Kulturchrist»
«Ich bezeichne mich selbst als Kulturchrist», so der Evolutionsbiologe weiter. «Es gibt einen Unterschied zwischen einem gläubigen Christen und einem kulturellen Christen.» Er liebe Kirchenlieder und Weihnachtslieder «und ich fühle mich irgendwie zu Hause im christlichen Ethos».
Er freue sich darüber, dass die Zahl der praktizierenden Christen in Grossbritannien sinkt. Gleichzeitig sei er «ein wenig darüber entsetzt», dass Ramadan-Lichter zu Ostern die Oxford-Strasse in London schmücken. Der Islam gewinnt in Europa rasch an Stärke. Wer sich in den letzten Jahrzehnten mit Demografie beschäftigt hat, mag «ein wenig darüber entsetzt sein», dass Richard Dawkins «ein wenig darüber entsetzt ist»; immerhin geschieht der gesellschaftliche Wandel gut sichtbar über einen langen Zeitraum.
«Weniger mit britischen Werten vereinbar»
«Wenn ich mich zwischen dem Christentum und dem Islam entscheiden müsste, würde ich mich jedes Mal für das Christentum entscheiden», so Richard Dawkins. «Die Lehren des Islam – die Hadithe und der Koran – sind grundsätzlich frauenfeindlich.» Der Islam sei weniger mit den britischen Werten vereinbar. Würde der Islam Grossbritannien dominieren, «wäre das eine schreckliche Sache, denke ich».
Eine Umfrage unter mehr als 3'000 Erwachsenen im Vereinigten Königreich, die 2022 von fünf christlichen Organisationen in Auftrag gegeben wurde, ergab, dass sich nur 6 Prozent als «praktizierende Christen» und 42 Prozent als «nicht praktizierende Christen» bezeichnen.
Islam wächst rasch
Laut Daten des britischen «Office for National Statistics» schwindet das Christentum rapide. Im Jahr 2022 bezeichneten sich nur 46,2 Prozent – oder 27,5 Millionen der mehr als 67 Millionen Einwohner des Landes – als Christen. Bei der Volkszählung 2011 waren es noch 59,3 Prozent der Bevölkerung.
Im Gegensatz dazu ist der Islam in Grossbritannien von 2,7 Millionen im Jahr 2011 auf mittlerweile 3,9 Millionen im Jahr 2021 angestiegen. 2020 wurde mit 6,3 Prozent Muslimen in Grossbritannien gerechnet, ebenso viele werden für Deutschland beziffert (6,3 Prozent). In Frankreich wird mit inzwischen 8,7 Prozent gerechnet, in Österreich mit 7,1 Prozent und in der Schweiz mit 6,2 Prozent (die Zahl in der Schweiz ist mittlerweile höher als die Anzahl an freikirchlichen Christen).
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