Talk mit Christoph Decker

Ein Blick ins Leben eines Staatsanwalts

Christoph Decker
Christof Decker hat keinen gewöhnliches Job. Er ist Staatsanwalt und erzählt im Livenet-Talk, wie er in dieses Amt kam, woraus seine Aufgabe im Wesentlichen besteht und von wo er die nötige Kraft schöpft.

«Ferien am Meer»: Das Angebot von Kultour, bei welchem Livenet als Medienpartner fungiert, bietet in Griechenland eine schöne Kulisse für einen weiteren Livenet-Talk. Diesmal spricht Florian Wüthrich mit Christoph Decker.

Familienvater, Musikbegeisterter und Ermittler

Christoph ist 59 Jahre alt, verheiratet und hat vier erwachsene Kinder. Er ist Staatsanwalt in Baden, aktiv in der reformierten Kirchgemeinde, macht gerne Musik und liebt sportliche Betätigung.

Angesprochen auf den Tod von Muriel Furrer, der 18-jährigen Radrennfahrerin, bei welcher die Staatsanwaltschaft jetzt Untersuchungen anstellt, sagt Christoph: «Es ist natürlich ein sehr tragischer Fall, welcher durch die Radweltmeisterschaft in Zürich Aufmerksamkeit weckt.» Grundsätzlich wird bei solchen Vorfällen eine Untersuchung eingeleitet. «Es geht darum, zu ermitteln, was passiert ist.» In solchen Situationen würde die Untersuchung von der Staatsanwaltschaft geleitet – in enger Zusammenarbeit mit der Kantonspolizei.

Die Beziehung zum Schöpfer ist wichtig

«Ich bin seit 30 Jahren in der Strafverfolgung tätig», erzählt Christoph, «seit 14 Jahren als Staatsanwalt.» Fälle mit Todesopfern kämen ihm nahe. «Das blendest du nicht aus.» Tragische Fälle berühren ihn zuweilen sehr. Bei den Orten des Vorkommnisses würde er meist mit Spezialisten der Kantonspolizei, dem Gerichtsmediziner und anderen Personen, beispielsweise einer Unfallgruppe oder dem kriminaltechnischen Dienst zusammentreffen. «Meine Aufgabe ist dann jeweils, das Verfahren zu leiten – immer im Austausch mit der Polizei.» Durch diese Aufgabe habe er immer eine gewisse innere Distanz zur Gesamtsituation – trotzdem brauche er nach Feierabend oft Zeit, um die Situation zu verarbeiten. Er führe Gespräche mit Kollegen oder seiner Frau. «Dabei ist mir wichtig, dass ich eine Beziehung zum Schöpfer, zu Gott habe.» Schon beim Weg zu einer Situation bringe er den ganzen Fall im Gebet vor Gott.

Werdegang eines Staatsanwaltes

Sechs Jahre lang studierte Christoph an der Universität Zürich – zuerst Geschichte, dann Jus. Bei den Abschlussprüfungen fiel er durch. «Nach sechs Jahren Studium hatte ich also keinen Abschluss. Da habe ich zu Gott gesagt: ‘Jetzt bist du an der Reihe – ich weiss nicht mehr weiter.’» Er steckte in einem Tief und in der Folge jobbte er an verschiedenen Orten – auch im juristischen Bereich. Über Umwege erfuhr er von einer freien Stelle als Sachbearbeiter im Bezirksrat Baden. Das war 1993; er erhielt den Job.

1996 kandidierte Christoph als stellvertretender Bezirksamtmann von Zurzach und wurde gewählt. Später amtete er in verschiedenen Funktionen in Baden; unter anderem als Untersuchungsrichter oder Zuständiger für Einweisungen in die psychiatrische Klinik. «2011 kam der Wechsel zu den eidgenössischen Strafprozessordnungen, wo das ganze Strafverfolgungssystem ganzschweizerisch neu geregelt wurde. Aufgrund meiner Erfahrungen und den Ausbildungen, die ich während knapp 20 Jahren absolviert hatte, wurde ich zum Staatsanwalt berufen.» Seit 14 Jahren ist Christoph nun in diesem Amt. Und er macht seine Arbeit noch immer gerne, hält aber fest, dass er diese Arbeit nicht tun könnte, wenn er nicht aus seiner Beziehung mit Gott schöpfen und diese durch die Musik ausdrücken könnte.

In Kontakt mit der dunklen Seite des Menschen

Immer wieder kommt Christoph mit den dunklen Abgründen der menschlichen Seele in Berührung. Wie geht er damit um? Und wie verändert dies seine grundsätzliche Sicht auf den Menschen? «Aufgrund meiner Arbeit hat sich mein Menschenbild nicht verändert», hält er fest. «Letztlich sehe ich den Menschen – auch wenn er ein Tötungsdelikt begangen hat.» Er respektiere die Menschen, müsse aber deren Taten untersuchen und beurteilen. Natürlich würde er schliesslich als Vertreter des Staates die Rolle des Anklägers übernehmen und gegen den Beklagten auftreten. Dabei ist ihm wichtig, auch das Opfer oder dessen Angehörigen zu vertreten und auch für sie ein gerechtes Urteil zu erwirken.

In alledem hat sich seine Sicht auf die Menschheit nicht verändert. «Es sind immer Einzelfälle, Situationen, die passieren und die man dann im Konkreten anschauen muss.» Christoph erzählt von Fällen, bei denen er Opfer und Beschuldigte zusammenbringen und dann gemeinsam nach einer Lösung suchen kann. Dies ermöglicht dem Täter, direkt bei den Geschädigten um Entschuldigung zu bitten und diesen, eine Wiedergutmachung zu akzeptieren und die Strafanzeige zurückzuziehen.

Sehen Sie sich hier den Talk an:

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Datum: 18.10.2024
Autor: Markus Richner
Quelle: Livenet

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