Christen fürchten Trump-Deal

Russlands Kreuzzug gegen evangelische Christen

Eine Baptistengemeinde in der Ukraine
Falls durch eine Friedensinitiative besetzte Gebiete in der Ukraine an Russland abgegeben würden, hätte das für evangelische und andere nicht-orthodoxe Christen in diesen Gebieten schwerwiegende Folgen.

Präsident Donald Trump hat im Wahlkampf wiederholt behauptet, er könne den Ukraine-Krieg innerhalb von 24 Stunden nach seinem Amtsantritt beenden. Das hat er nicht geschafft, aber am Mittwoch stellte er dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in den sozialen Medien ein Ultimatum: Beende den Krieg oder riskiere «Steuern, Zölle und Sanktionen». Trump hat noch nicht verraten, welche Zugeständnisse er von Kiew fordern wird, aber Putin wird zweifellos über die Souveränität von ukrainischen Gebieten verhandeln, die er besetzt und annektiert hat.

«Krieg hat auch religiöse Komponente»

«Die Abtretung ukrainischer Gebiete an Russland bringt eine Reihe geopolitischer Nachteile mit sich, aber eine weniger bekannte Folge betrifft die Kirchen: Moskau nimmt nicht-orthodoxe Christen ins Visier», erklärt «Christianity Today» in einem Artikel vom 24. Januar.

Schon seit Beginn der ersten Invasion 2014 hätten Kreml-Truppen in der gesamten von Russland besetzten Ukraine Gotteshäuser abgeriegelt. Nach der vollständigen Invasion im Februar 2022 nahm diese Politik zu – ein Beweis dafür, dass Putins Eroberung auch «eine religiöse Komponente hat», wie lokale protestantische Leiter erklären. Moskau macht keinen Platz für Protestanten und nicht-russisch-orthodoxe Kirchen. Einigen Berichten zufolge sind seit 2022 fast 40 ukrainische Geistliche bei gezielten Angriffen ums Leben gekommen.

Kirche während des Gottesdienstes gestürmt

Pastor Mykhailo Brytsyn kannte die Taktik des Kremls und war dennoch überrascht, als russische Soldaten im März 2022 Melitopol, eine ukrainische Stadt mit 150'000 Einwohnern, überfluteten. Sie verhafteten mehrere seiner Freunde – örtliche Geistliche aus nicht-russischen orthodoxen Gemeinden – und schlossen ihre Kirchen. Sechs Monate später stürmten Truppen den Gottesdienstraum seiner eigenen Gemeinde, der Gnadenkirche, während des Morgengottesdienstes. «Wir konnten uns nicht vorstellen, dass bewaffnete Soldaten, deren Gesichter mit Masken, Helmen und Schilden bedeckt waren, die Kirche während des Gottesdienstes stürmen würden», so Brytsyn gegenüber Christianity Today.

Die Soldaten nahmen Fingerabdrücke und Fotos von den Gemeindemitgliedern und kopierten deren Ausweispapiere. Dann durchsuchten sie die Kirche, verhörten Brytsyn und eskortierten ihn nach Hause, um nach «extremistischer Literatur» zu suchen, die Verbindungen zum Westen nachweisen sollte. Ihre Suche war vergeblich. Dennoch gab der russische Kommandeur Brytsyn zwei Tage Zeit, die Stadt zu verlassen. Heute lebt er vorübergehend in der ukrainischen Region Rivne und ist weiterhin als Pastor seiner Kirche tätig, die inzwischen über 16 Länder verstreut ist.

Angst vor Landkonzessionen

Allein in Melitopol haben die russischen Streitkräfte alle Kirchen geschlossen, die nicht mit dem Moskauer Patriarchat verbunden sind, einschliesslich der griechisch-katholischen, römisch-katholischen und orthodoxen Kirchen des ukrainischen Patriarchats. In der ganzen Region Saporischschja sind nur noch 15 protestantische Kirchen geöffnet, während es vor der Invasion noch mehrere hundert waren. Dieses Muster hat sich im gesamten von Russland besetzten Gebiet der Ukraine wiederholt. Seit dem Beginn des Krieges sind hunderte von nicht-russisch-orthodoxen Kirchen zerstört oder geschlossen worden.

Viele Christen sind darum besorgt über die Folgen eines von den USA ausgehandelten Abkommens, das auch Landkonzessionen vorsehen würde. «Eine unserer Kirchen befindet sich in Cherson. Es ist unklar, ob ein ausgehandeltes Abkommen diese Stadt einschliessen würde oder nicht», sagte Jon Eide, Ukraine-Direktor von der reformierten Missionsgesellschaft «Mission to the World» Anfang der Woche. Die Gemeindeleiter würden sich unter der russischen Besatzung nicht sicher fühlen und wahrscheinlich umziehen, fügte er hinzu.

«Es kann keine Freiheit geben, wo Putins Truppen angekommen sind», sagte Brytsyn. «Ich habe 25 Jahre lang in der Sowjetunion gelebt und kenne die Unterdrückung, der die Gläubigen dort ausgesetzt waren. Jetzt ist die Praxis der Russen noch schlimmer.»

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Datum: 29.01.2025
Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Livenet / Christianity Today

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